Meine Aufgabe während des diesjährigen open mikes ist das Führen von Interviews, ich soll mein Aufnahmegerät so vielen Menschen wie möglich unter die Nase halten. Während der Pausen verschlägt es mich deshalb oft dorthin, wo sich das Publikum zu kleinen Grüppchen versammelt. Es ist jedoch gar nicht so leicht, mit jemandem ins Gespräch zu kommen. Olaf Petersenn bezeichnete die Lektoren, die sich auf dem open mike herumtreiben, gestern als Jäger, doch es ist erstaunlich schwer, sie vor meine Flinte – dem Aufnahmegerät – zu kriegen. Ich habe das Gefühl, man möchte dann doch nicht so gerne über das sprechen, was man da eigentlich macht.
Die Lyriker sind dagegen sehr viel gesprächiger. Mein Glück, denn mein Aufenthalt auf dem open mike in diesem Jahr steht unter dem Motto der Annäherung an die Lyrik. Ich spreche mit Kathrin Bach und Özlem Özgür Dündar über ihre Begeisterung für die kurze Form. Kathrin Bach hat ihre Lesung noch vor sich und ist schon aufgeregt. Özlem Özgür Dündars Auftritt liegt dagegen schon hinter der jungen Lyrikerin und sie ist ganz zufrieden damit, wie sie gelesen hat.
Ich freue mich, als ich bei meiner Lyrikmission Martin Piekar begegne, der vor zwei Jahren gewann, und frage ihn nach seinen bisherigen Favoriten: da gibt es jedoch noch keinen, vom Hocker gerissen hat ihn noch nichts. Doch er freut sich schon auf die Lesung von Kathrin Bach, meine erste Gesprächspartnerin.
Kurz vor dem Ende der Pause steht dann plötzlich Verena Boos vor mir, die vor zwei Jahren beim open mike gelesen hat. Ich frage sie, ob sie es genießt, diesmal einfach nur Zuschauerin zu sein und tatsächlich, Verena findet das super entspannend. Einen Favoriten hat sie jedoch auch nicht, gefallen hat ihr irgendwie (noch) nichts so richtig. Dafür nimmt sie aber rund um den Saal im Heimathafen Neukölln ein Geflimmer wahr, in das sie sich einfach hinein begeben kann. Ein Geflimmer, das ich auch wahrnehme, so zwischen all den Agenten, Lektoren, Lesenden und Zuschauern. Ein Pausengeflimmer.