In diesem Herbst erscheinen viele spannende Prosa- und Lyrikdebüts. Einige von ihnen stellen wir in den kommenden Wochen vor. Den Autoren haben wir ein paar Fragen zur Literatur und Person gestellt.
Heute: Lea Schneider
Invasion Rückwärts: Eine Bewegung, die man erst bemerkt, wenn es zu spät ist. Wenn der Himmel längst ein blauer fleck in der kniekehle ist und die Realität nur eine frage guten timings. Wie kleine trojanische Pferde schmuggeln die Gedichte in Lea Schneiders Debütband dinge, von denen man erstmal lernen muss, warum sie gefährlich sind. Diese ungefähren objekte sind aber selbst nur Taktgeber ihrer eigenen Transformationen. Bilder, Stimmungen, Theorien und Gegenstände verdichten sich zu hochkomplexen Gebilden, die funktionieren wie Lösungsvorschläge für einen Rubik’s Cube – und sich dabei so witzig und klug lesen, dass man den Würfel immer weiterdrehen will.
Erste Zeile/Vers (des Buches)?
»angenommen, das alles passiert und wir schauen es bloß an.«
Was bedeutet literarische Tradition für Sie?
Geschmacksverstärker.
In welcher anderen außer Ihrer Muttersprache würden Sie gerne dichten können?
Am liebsten auf Chinesisch.
Ist Lyrik essentiell?
Nein, ich glaube nicht. Eher im Gegenteil: Das Wesentliche bei Lyrik ist ihre Nebensächlichkeit.
Was möchten Sie sein?
Besser. Oder vielleicht auch ein Vogel.
Was soll man nach der Lektüre (Ihres Buches) machen?
Wenn man »Invasion rückwärts« als Handlungsanleitung nehmen wollte, könnte man zum Beispiel ins Museum für Islamische Kunst gehen und sich dort anschauen, was ein Pfau-Effekt ist, einen Ausflug nach Brandenburg oder eine Reise nach Taiwan machen, Musik von Michael Nyman hören, sich mit den Gemeinsamkeiten von dialektischem Materialismus und Kölner Dom beschäftigen oder Tetris spielen.
Ihre gegenwärtige Geistesverfassung?
Aufgescheucht und fedrig.
1989 in Köln geboren, ist Mitglied des Berliner Lyrikkollektivs G13. Sie übersetzt zeitgenössische Lyrik aus dem Chinesischen und veröffentlicht in Zeitschriften und Anthologien, u. a. in Jahrbuch der Lyrik, Bella Triste, Poetry East West und im Magazin der Bundeskulturstiftung. Sie hat Soziologie, Komparatistik, Sinologie und Linguistik in Berlin, Shanghai, Taipei und Frankfurt/Oder studiert, ist bei Literaturfestivals in Deutschland und China aufgetreten und war Finalistin beim poet|bewegt-Wettbewerb 2011 und beim 21. open mike.