Aus der Werkstatt von Paula Schweers: Exposition

Exposition

Eine physische Irritation, ein Lichtreflex, ein Echo, eine verwischte Schneespur auf dem Fels führt zu dem Bedürfnis nach Absicherung, einem Rundumblick. Auf den Gipfeln fächern sich kristalline Formen auf. Vereinzelt ragen Gipfelkreuze aus dem Schnee in dem durch Lichtbrechung blass ein ganzes Farbspektrum aufscheint, vielleicht ist die Staffage-Figur längst blind. Sie steht inmitten der heroischen, zu dreiseitigen Körpern gefalteten Gebirgsformation und hat ihre Skier in den Schnee fallen lassen. Weit vor der Baumgrenze fährt jemand die Serpentinen mit dem Rennrad hinunter, durch dicht bewaldete Gebiete an der Schattenseite des Hangs. Durch die Atmung, über die Haut nimmt er den Fahrtwind auf, der ihn in den Kurven fast von der Straße wirft, sieht die Vegetationsveränderung im Schnelldurchlauf; pittoreske Einzelszenen, verdorrte Lavendelplateaus. Gen Tal Hohlformen von Seen aufgefüllt. Den Schweiß trocknen die Sonne und die laue Luft. Unten trödelt die Regionalbahn durch die Peripherie, vorbei an Brachflächen und den Fabrikruinen am Stadtrand. Das Rennrad klappert an der Abteilseite. Zitternd stolpert Leo in den Flur, die Wohnung ist ausgekühlt und leer. Er verliert sich in den Zimmern, in mit Stickern beklebten Spiegeln, zwischen Boilergeräuschen, unter hohen stuckverzierten Decken, in aufgetürmten Kissen, an Haschisch, in einer warmen Jacke. (…)

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