Der Magritte-Moment: Da steht der Ich-Erzähler auf dem Balkon einer gegenüberliegenden Wohnung und sieht im Bad seiner Freundin („vollendete Frau“, „wandelndes Berlinklischee“) einen Typen, der seine (!) Zahnbürste benutzt. „Der Typ sah von hinten sogar aus wie ich!“ Eine Ent-Täuschung, Desillusionierung – die ideale, pflegeleichte Alma ist ihm einige Spielzüge voraus. Er ist austauschbar.
Dann stellte sie sich vor den Spiegel und cremte sich das Gesicht ein. Mit ihrer Betrügercreme. Er stand hinter ihr und sah zu. Und ich stand hinter ihm und sah zu. Und dann fragte ich mich, wer hier eigentlich hinter wem gestanden hatte. Er hinter mir, ich hinter ihm, sie hinter uns beiden? Benutzte ich seine Zahnbürste oder er meine?
„Alma betrügt mich“ ist aus der Perspektive eines eher schlichten Gemüts erzählt:
Als die Uni vorbei war, fiel ich in ein Loch. Ich fand es bedrohlich, nicht mehr im Schoß der Alma Mater geborgen zu sein, also suchte ich mir eine neue Alma. Ziemlich plakativ, oder? So bin ich eben, kein Kerl für die zarten Zwischentöne.
„Trügerisch leicht“ nennt Lektor Thomas Tebbe die Erzählung von Eva Zimmermann. Zumindest seinen Selbstbetrug macht sich der Ich-Erzähler nicht schwer: Er spielt Almas Spiel mit, lässt sich wieder einwechseln und steht nun selbst hinter ihr, als sie sich das Gesicht eincremt. Jetzt ist er einen Schritt voraus. Herrschaftswissen eines mickeligen Möchtegern-Machos. Mir Makulatur.