Ronja Sandtner kommt auf die Bühne, sie beginnt mit den ersten Sätzen ihres Textes. Direkt herrscht vollkommene Stille im Saal, alle Anwesenden folgen gebannt ihrer Lesung. Diese Spannung im Raum hält die Autorin bis zum Ende – ein vielseitiger und vielschichtiger Text über Abschied, Trauer und das Weitermachen.
Die Erzählstimme in »Gefährtinnen« beschreibt aus ihrer Sicht den Abschied von ihrer Großmutter. Der Text wechselt zunächst zwischen deutschen und englischen Textteilen, geht über in Prosa, wird unterbrochen von englischen knappen Sätzen und springt immer wieder zu lyrischen Elementen.
Dein Herz sei immer noch zu stark, zu gesund, haben sie gesagt. Was kann ich tun, um zu sterben, hast du gefragt.
Was bleibt der Erzählstimme nach dem Tod ihrer Großmutter? Was ist in solch einer Zeit zu schaffen und was nicht? Über die unterschiedlichen Stile im Text versucht die trauernde Person wieder einen Weg zu sich und in den Alltag zurückzufinden. Sie versucht weiterzumachen entgegen des Verlorenseins und der Antriebslosigkeit, die sie begleitet. Letztendlich sind da aber nach wie vor Menschen, Freund:innen, die der Erzählerin Halt geben, sie unterstützen, ihr Nähe schenken und sie ermutigen, weiterzumachen.
Es brennt hinter meinen Augen. Mein Körper will weinen, all die angestauten Trä- nen der letzten Wochen herausspülen. Der Druck in mir stößt an seine Grenzen, will über mich hinauswachsen. Ich frage mich, ob Körper platzen können. Aber ich lasse ihn nicht.
»Gefährtinnen« ist ein starker Text, der von den unterschiedlichen Stilen lebt und der es genau dadurch schafft, eine emotionale Nähe zur Figur aufzubauen. Sandtner setzt die vielen Facetten von Trauer und die Gefühle zusammen und zeichnet letztendlich ein klares und intensives Bild von Trauer.
Manche Leere kann nur durch Körper aufgefüllt werden.
A room is never empty.
Bis zum letzten Wort ist es still im Saal. Was bleibt von Ronja Sandtners Auftritt, ist das Gefühl von Mut und Geborgenheit.