Ade Ajayi: A Euclidean view of Berlin as a cool place to be

Ade Ajayi
© Natalia Reich

Der Vortrag von Ade Ajayi beginnt – natürlich – mit dem Titel seines Gedichtzyklus: »A Euclidean view of Berlin as a cool place to be«. Der Titel ist eine Abwandlung eines Essays von Ursula K. Le Guin und gibt damit die Marschrichtung vor: Hier geht es um kulturelle Verwebung, um die Einschreibung in eine lange Tradition verschiedener Texte und Praktiken und die Verortung des eigenen Platzes darin.

Werde ich meine Hässlichkeit zur Schau stellen
und ich werde ein Stück schreiben im Ballhaus in der Naunynstraße
und ich werde verkünden, dass mein Schmerz beispiellos in der Geschichte ist
Ich besitze die Audacity
und ich werde diese Stadt verlassen
diese gottverdammte Stadt

Pathos oder Emotionen lässt der langsame, die Verse betont für sich stehen lassende Vortrag nicht zu. Er betont die entrückte Haltung, aus der heraus die Gedichte sprechen, die Distanz, die sie vielleicht zum eigenen Schutz aufbauen. Fetzen des Alltags und konkrete Orte treffen gleich im nächsten Vers auf das Transzendente, Vulgärausdrücke auf Wissenschaftssprache, Greifbares auf Nebulöses.

Berlin ist als Ort schon im Titel gesetzt, die Kulturszene auch, die sich durch Anspielungen auf genannte Ursula K. Le Guin, Albert Camus, Didier Eribon und viele mehr fest einschreibt. Der Einschlag ist dabei queer und migrantisch, sowohl durch die Bezüge als auch die Inhalte der Gedichte konkretisiert sich eine Welt, die in sich viel enger ist als das, was die schwebende Intertextualität zunächst vermuten lässt. Sie zeugt von Gewalt, von Angst und Unsicherheit.

Kein Wunder, dass die Gedichte immer wieder Schutz in der Attitude suchen – sie müssen schützen, was sie in sich tragen, um die eigenen Verletzungen nicht zu offen zur Schau zu tragen. Es ist diese Verletzlichkeit, die »A Euclidean view of Berlin as a cool place to be« zu einem Erlebnis macht, die die Gedichte ausbalanciert und ihnen eine Tiefe gibt, die sich nicht auf den ersten Blick zu erkennen gibt.

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