New Readings | Ruth-Maria Thomas: Die schönste Version

Ruth-Maria Thomas nahm 2022 mit dem Text »warm/sauber/satt« am 30. open mike teil. Heute erscheint ihr Debüt Die schönste Version bei Rowohlt. Wir haben Ruth ein paar Fragen dazu gestellt.

Ruth-Maria Thomas
© Urban Zintel

Vorschautext

Die späten Nullerjahre, frühen 2010er Jahre in einer ostdeutschen Kleinstadt: Die schönste Version erzählt die Geschichte von Jella und Yannick, von der ersten großen Liebe, die alles richtig machen will. Bis es kippt. Wieder zurück in ihrem Kinderzimmer fragt Jella sich, wie es so weit kommen konnte. Sie schaut noch einmal genauer hin: auf ihr Aufwachsen in der Lausitz. Kleinstadt und Kiesgruben, Gangsterrap und Glitzerlipgloss. Auf Freundinnen, die sie durch so vieles trugen. Und auf den Moment, in dem Yannicks Hände sich um ihren Hals schlossen.
Die schönste Version ist die Geschichte eines Erwachens, Erkennens, Anklagens, eine große Introspektion: Ruth-Maria Thomas schreibt über das Frauwerden, Frausein, von Körpern, Begierden und tiefen Abgründen. Mit stilistischer Brillanz, großer Leichtigkeit und Drastik erzählt Ruth-Maria Thomas in ihrem funkelnden Debütroman von den schönsten Dingen. Und den schrecklichsten.


Was schoss dir durch den Kopf, als du dein Debüt zum ersten Mal in den Händen gehalten hast?

Ich hab tatsächlich an alle menschen gedacht, die mir dabei geholfen haben, dass aus der Geschichte ein Buch wird. An meine Lektorin, an meine Professorin, meine Dozentinnen, meine Schwester, meine Freund:innen. Und dann hab ich geheult vor Glück.

Wie ist die Idee zu deinem ersten Buch entstanden?

Ich bin in den Nuller- und Zehnerjahren aufgewachsen. Jahren, in denen American Pie im Kino lief, es noch kein #metoo gab. Jahre, die vorbei sind, aber deren Geschichten sich noch bis in die Gegenwart erstrecken und erzählt werden müssen. 

Wie nimmst du rückblickend die Zeit zwischen deiner Teilnahme am open mike und der Veröffentlichung deines Debüts wahr?

Das war die schönste Zeit. Ich habe durch den open mike Anna Humbert kennengelernt, sie wollte mit mir arbeiten und ich auch unbedingt mit ihr, ich hatte erste größere Veröffentlichungen und hab meinen Buchvertrag unterschrieben. Nach dem open mike habe ich gedacht: Ahaaa, so fühlt es sich also an, wenn sich eine Tür öffnet.

Was gefällt dir am besten am Schreiben?

Das Eintauchen in eine andere Welt, in eine Geschichte mit fiktiven Figuren, zu denen ich immer zurück kann, zu denen ich immer flüchten kann. Es fühlt sich an wie frisch verliebt sein, als würde ich ein glitzerndes Geheimnis in mir tragen. 

Und was findest du am unangenehmsten?

Das Gefühl, das ich bekomme, wenn etwas nicht funktioniert. Wenn sich Sätze tot anfühlen, Figuren nicht lebendig werden, wenn irgendetwas fehlt und ich nicht darauf komme, was. 

Welche anderen Künstler*innen prägen dein Schreiben?

Jenny Erpenbeck, Marguerite Duras, Annie Ernaux, Wolfgang Herrndorf, Irmgard Keun

Welche Songs würde man auf dem Soundtrack zu deinem Debüt finden?

Alles von Lana del Rey, vor allen die unreleased songs, wie z.B. afraid, prom song, party girl. Die hören sich an, wie ein unlektorierter Text sich liest. So rau und roh. … ah, und ein bisschen Ostrock. 🙂

Vielen Dank für deine Antworten.


Ruth-Maria Thomas, 1993 geboren und in Cottbus aufgewachsen, war als Sozialarbeiterin in der Jugendhilfe tätig. Sie studierte am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig und ist Mitgründerin des erotischen Literaturmagazins Hot Topic!. 2022 war sie Finalistin des open mike. In ihren Texten, die u. a. im Rundfunk und in Literaturmagazinen erscheinen, beschäftigt sie sich immer wieder mit den Fallstricken weiblicher Sozialisation. Zuletzt erschien ihre Kurzgeschichte Glitzer in DAS GRAMM und wie ich frau bin bei SuKuLTuR. 

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