Patrick Holzapfel nahm 2022 mit seinem Text »Gurgelgeräusche« am 30. open mike teil und gewann dafür einen der Hauptpreise. Heute erscheint sein Debüt Hermelin auf Bänken bei Matthes & Seitz. Wir haben Patrick ein paar Fragen dazu gestellt.
Vorschautext
Als der Protagonist in Patrick Holzapfels Debütroman Hermelin auf Bänken durch den neunten Wiener Gemeindebezirk läuft, geschieht etwas geradezu Unerhörtes: Er kommt vom geraden Weg ab, beginnt, den mäandernden Schritten eines in Hermelin gehüllten Obdachlosen zu folgen, und findet sich schließlich unvermittelt wieder – auf einer aus zwanzig dünnen braunen Holzplatten bestehenden Parkbank. Von hier aus, wo ihm die Zeit endlich aufzuhören scheint, entfaltet sich allmählich ein alternativer Stadtplan, den der Erzähler sitzend erkundet, denn: »Je länger man sitzt, desto mehr erfährt man über die Bank. Und zugleich erfährt man auch etwas über Menschen, die auf Bänken sitzen«; Menschen wie Manuela mit ihrer umfassenden, wenn auch völlig nutzlosen Kenntnis der Filmgeschichte, wie Yong, der über seine unzähligen Schachtriumphe schwadroniert, oder eben wie den Erzähler, der auf der Suche nach dem Hermelinkönig mit leisem Witz und Ironie selbst zum König wird und erkennt, dass jede Bank die Geschichte einer Person erzählt und ihre Leidenschaften, Ängste und Hoffnungen in einen Ausblick verwandelt.
Was schoss dir durch den Kopf, als du dein Debüt zum ersten Mal in den Händen gehalten hast?
Mir tat der Postbote leid, weil er die ganzen Bücher in den dritten Stock tragen musste.
Wie ist die Idee zu deinem ersten Buch entstanden?
Es gibt keine Ideen hier, nur Zufälle und Unerklärliches.
Wie nimmst du rückblickend die Zeit zwischen deiner Teilnahme am open mike und der Veröffentlichung deines Debüts wahr?
In Japan war es eine Zeit lang üblich unter höhergestellten Menschen, Glühwürmchen in Käfigen zu halten. Ich bin mir nicht sicher, ob ich mich wie ein solches Glühwürmchen gefühlt habe oder wie der Diener, der es fangen musste. Das hat aber nichts mit der Veröffentlichung oder dem open mike zu tun. Ich fühle mich immer so.
Was gefällt dir am besten am Schreiben?
Ich kann mit denen sprechen, die nie geboren wurden.
Und was findest du am unangenehmsten?
Niemand antwortet.
Welche anderen Künstler*innen prägen dein Schreiben?
Ich denke an Schauspielerinnen in Hollywood aus den 1930er Jahren. Sie haben Worte so präzise und gleichzeitig so schillernd vieldeutig gebraucht in den Filmen, vor allem Miriam Hopkins. Wenn das, was tongue in cheek gesagt wird, eigentlich die ganze Tragik des Lebens enthält.
Welche Songs würde man auf dem Soundtrack zu deinem Debüt finden?
Nur Wörter, keine Musik.
(Jetzt gerade aber läuft Gli uccelli von Franco Battiato und ich schäme mich, weil ich gern so schreiben würde, wie Vögelschwärme am Himmel kreisen, dafür aber noch die passenden Flügel suche.)
Vielen Dank für deine Antworten.
Patrick Holzapfel, in Augsburg geboren, lebt in Österreich. Er arbeitet als Schriftsteller, Filmkritiker und freier Kurator. Hermelin auf Bänken ist sein erstes Buch.