Der erste Block am Sonntag ist halb durch, nun eröffnet Vincent Siegel mit volandestnoland den lyrischen Teil.
Es bröckelt im Heimathafen. Vincent Siegel liest seinen Gedichtzyklus volandestnoland vor, als kämen die Worte und Satzfragmente einzeln aus einem Würfelbecher gerollt. Text und Vortrag zelebrieren das Auseinanderfallen, das der Text in sich trägt. Nicht nur, weil der Autor eine überarbeitete Fassung liest. volandestnoland lebt von einer Sprache, die sich selbst fremd geworden ist, deren Worte wie unbeteiligt nebeneinander stehen, wie verkleidet wirken in ihrer Verlorenheit.
berlioz in berlin. nicht hector, michail.
trat vom trottoir auf die straße traf
ihn die tram, trennte kopf & rumpf
schrill rumpelt das omen von unheil
wie prof. e. zeit. (un)heimlich still zug
leich. nomen est volens. magier
zug-egen, als (unhei)land erk.oren
stürzt es ins chaos, im chor die hymne
Zur Dekonstruktion auf Wortebene gesellt sich ein hohes Maß an Intertextualität. Der Teufel Voland aus Michail Bulgakows Der Meister und Margarita trifft das Sprichwort »nomen est omen«, jedes Wort trägt seine Assoziationen mit sich, liefert sie wie eine zweite Ebene mit. So bewegt sich der Text hangelnd vorwärts, kommt vom Hölzchen aufs Stöckchen und springt wieder zurück.
Verballhornung ist überall in Siegels Lyrik, schon beim Titel fängt es an, um nie aufzuhören. Dadurch entsteht ein akrobatischer Eindruck, der die Sprache als Werkstoff begreift, der immer weiter verfremdet und wieder neu zusammengeworfen werden darf – auf dem Papier, im Kopf der Leser:innen wie beim Vortrag des Autors.
Doch es stellt sich am Ende die Frage, was hinter der ebenso kunst- wie lustvollen Zerstörung der Sprache steht steht. Hier wird es schwer, denn das Spiel der Zeichen und Verweise ist so einnehmend, dass es den Blick kaum durchlässt auf das, was sich dahinter verbergen mag.