Anja Gmeinwieser und Lisa James | Die Kandidat:innen des 31. open mike

Anja Gmeinwieser

Anja Gmeinwieser
© Matthias Schwethelm

Wie kamst du darauf, dich beim 31. open mike zu bewerben?

Manchmal verwende ich Ausschreibungen als eine Art Arschtritt, um Schreiben zu müssen, einen neuen Text zu beginnen oder etwas Begonnenes in Form zu schleifen. Meistens kommt man dann eh nicht weiter. Dass es diesmal anders ist, finde ich sehr aufregend.

Erster Satz deines open-mike-Textes? 

Ich habe mich dabei ertappt, wie ich mit starrem Blick deinen Namen flüstere. 
Fritzi. 

Wann und wo schreibst du am liebsten?

Bibliothek (im Winter und/oder zu Öffnungszeiten) oder Bett (um die Schlafenszeit herum) oder draußen (wenn ich eigentlich lieber was anderes machen würde). 

Und was läuft dazu im Hintergrund?

Am besten gar nichts. Meine Konzentration kann mit zu viel Geräusch oder Musik nicht umgehen. 

Wer liest deine Texte zuerst?

Das sind die zwei immer gleichen Freundinnen, auf deren Meinung ich wirklich große Stücke halte.

Was bedeutet Literatur für dich?

Zuflucht, Anstoß, wundern, berührt werden, angezogen sein, abgestoßen sein, einen Rhythmus fühlen (obwohl man ihn nicht hört), ein Fenster zur Welt, ein Fenster in die Gedanken und Welten der anderen. Gefühl und Geruch von Papier, dass jemand mir ein Buch vorbeibringt und sagt »Lies das!«, das Gefühl von Verbindung, wenn ich es mag. 

Wie bereitest du dich auf deinen Auftritt vor?

Diese Frage führt dazu, dass ich denke: Verdammt, ich sollte mich vorbereiten! Ich mach das dann wahrscheinlich zu spät. 

Worauf freust du dich am meisten, wenn du an das Wettbewerbswochenende denkst?

Auf wahnsinnig viel literarischen Austausch, Aufregung, auf die Blase, die schreibt, liest und Sprache liebt. Da bin ich gern.

Dein aktueller Buchtipp und warum?

Ständiger Buchtipp: Infomaniacs von Matthew Thurber (sehr rhythmischer Comic, und ich habe beim Lesen das Gefühl, der hat sich beim Schreiben/Zeichnen kein einziges Mal auf die Zunge gebissen).

Schick uns ein Bild von einem Ort oder Gegenstand, der dich zuletzt zum Schreiben animiert hat.

Leider mache ich gar keine Fotos. Stattdessen hier ein Rezept für Biber-Gulasch: In einem Topf 1 kg Biber-Gulasch scharf im heißen Fett anbraten und mit 500 ml Bouillon ablöschen. 1 Schuss Soja-Sauce, 1 Prise Instantkaffee, Rosmarin und Thymian dazugeben und eine Dreiviertelstunde bei mittlerer Hitze und geschlossenem Deckel köcheln lassen, bis das Fleisch zart ist. 20 ml Sahne unterrühren. Mit Salz und Pfeffer abschmecken und bei schwacher Hitze reduzieren lassen. Dazu Eierspätzle und Preiselbeeren servieren.

Anja Gmeinwieser, geboren 1989, studierte Soziale Arbeit, Theater-, Medien- und Politikwissenschaften. Bis vor kurzem arbeitete sie in der stationären Kinder- und Jugendhilfe auf einem Bauernhof, aktuell nur noch auf dem Bauernhof. Sie ist Stipendiatin der Romanwerkstatt des Literaturhauses München. Anja Gmeinwieser wurde ausgewählt von Miryam Schellbach.

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Lisa James

Lisa James
© Ayham Khalifeh

Wie kamst du darauf, dich beim 31. open mike zu bewerben?

mich haben diverse posts, newsletter und personen auf die deadline aufmerksam gemacht – und ich hatte zum passenden zeitpunkt einen text.

Erster Vers deines open-mike-Textes?

vom fremdtext: stoß    einen scheit                                                 ,        steine
von meinem: es gibt gedanken, die mörtel ich mir zurecht.

Wann und wo schreibst du am liebsten?

notizen und material sammle und dokumentiere ich unterwegs, oft in der straßenbahn oder im zug. schreiben dann am liebsten in der küche, spät abends oder nachts.

Und was läuft dazu im Hintergrund?

die spülmaschine oder der durchlauferhitzer.

Wer liest deine Texte zuerst?

gute freund*innen und schreibende.

Was bedeutet Literatur für dich?

perspektivwechsel, gewohnheitsbruch, stolpern oder schluckauf, fluss, beat, schönheit, hoffnung.

Wie bereitest du dich auf deinen Auftritt vor?

ich verharre in einer mehrwöchigen schockstarre und prokrastiniere paralysiert andere aufgaben.

Worauf freust du dich am meisten, wenn du an das Wettbewerbswochenende denkst?

auf die begegnungen und gespräche vor ort, die anderen texte und ihre autor*innen.

Dein aktueller Buchtipp und warum?

ein klassiker, aber ich habe ihn erst jetzt gelesen: The Handmaid’s Tale von Margarete Atwood. außerdem: M. NourbeSe Philips Zong! – mich beeindruckt, wie hier mit oder gegen ein dokument und die (englische) sprache gearbeitet wird, mit leerstellen im zentrum des textes. und immer wieder, weil er mich motiviert, mir den raum zum schreiben zu nehmen: Virginia Woolfs essay A Room of One’s Own.

Schick uns ein Bild von einem Ort oder Gegenstand, der dich zuletzt zum Schreiben animiert hat.

Lisa James lebt und arbeitet als Künstlerin und Autorin in Köln und studiert dort postgradual Mediale Künste an der Kunsthochschule für Medien. Sie arbeitet mit Text, Installation und (Bewegt-)Bild. 2021 war sie Artist in Residence an der Burg Hülshoff – Center for Literature bei Münster und Teil der open poems vom Haus für Poesie in Berlin. Ihr Kurzfilm Hallimaschkomplex lief beim ZEBRA Poetry Film Festival 2021. 2022 wurde ihr Gedichtzyklus Die Leerstelle, das bist du mit dem 3. Platz sowie dem Publikumspreis des Kölner Förderpreises für junge Literatur ausgezeichnet. Lisa James wurde ausgewählt von Miryam Schellbach.

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