Eva Burmeister und Salvatore Calanduccia | Die Kandidat:innen des 31. open mike

Eva Burmeister

Eva Burmeister
© privat

Wie kamst du darauf, dich beim 31. open mike zu bewerben?

Er war mir schon länger ein Begriff, Freund*innen waren letztes Jahr Finalist*innen und dann war da ein Text, der halbwegs passte mit der Lesedauer

Erster Satz deines open-mike-Textes?

Der Habicht war da gewesen

Wann und wo schreibst du am liebsten?

Am späten Nachmittag in Räumen mit anderen arbeitenden Menschen, bestenfalls in einem Zimmer, das nicht meins ist, aber auch noch nicht so öffentlich wie ein Bibliothekssaal

Und was läuft dazu im Hintergrund?

Z. B. Sharon van Etten, Julia Jacklin, Future Islands, Aldous Harding, Jenny Hval oder die Düsseldorf Düsterboys

Wer liest deine Texte zuerst?

Schreibende Freund*innen oder auch manchmal meine Mutter

Was bedeutet Literatur für dich?

Die Möglichkeit zum Perspektivwechsel, zur Alltagsflucht

Wie bereitest du dich auf deinen Auftritt vor?

Den Text so oft lesen, dass er mir und Freund*innen fast, aber noch nicht komplett aus den Ohren heraushängt

Worauf freust du dich am meisten, wenn du an das Wettbewerbswochenende denkst?

Auf die anderen Finalist*innen und ihre Texte

Dein aktueller Buchtipp und warum?

Marguerite Duras Schmerz sitzt mir im Hinterkopf, seit ich es Anfang des Jahres gelesen habe. Und im Sinne von wirklich aktuell: Nachts sind alle Katzen von Nina Heller, weil sie in ihren Geschichten den Horror des Mensch- und vor allem Frauseins so körperlich und eigen und gut beschreibt, wie ich es noch kaum anderswo gelesen habe

Schick uns ein Bild von einem Ort oder Gegenstand, der dich zuletzt zum Schreiben animiert hat.

Eva Burmeister studierte Psychologie und Politikwissenschaften in Leipzig und seit 2019 Literarisches Schreiben am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig und am Schweizerischen Literaturinstitut in Biel. 2021 war sie Preisträgerin beim Klopstock-Preis für junge Lyrik, 2022 auf der Shortlist des Wortlaut-Wettbewerbs. Eva Burmeister wurde ausgewählt von Sebastian Guggolz.

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Salvatore Calanduccia

Salvatore Calanduccia
© Alexander Johannes

Wie kamst du darauf, dich beim 31. open mike zu bewerben?

Als der Text anfing, in mir zu wachsen, hatte ich noch nicht vor, ihn zu veröffentlichen. Ich wusste nur, dass ich ihn fertigstellen muss, für mich. Zu wissen, dass eine potenzielle und vor allem mir unbekannte Leserschaft existiert, half mir jedoch, mich dem Schreibprozess zu stellen.

Erster Satz deines open-mike-Textes?

Wenn unser Körper wirklich unser Tempel ist,
dann ist Marta meine Mutter Kirche.

Wann und wo schreibst du am liebsten?

Zunächst in der U-Bahn. Dort entstehen einzelne Aphorismen und Satzfetzen, die sich bei mir, wartend, einnisten. Dann benötige ich Zeit, um das eigentliche Schreiben zu beginnen. Am besten während einer Auszeit im Wald oder einer fremden Stadt.
Einen Text zu verfassen ist für mich wie wenn ein Blitz in einen Baum einschlägt und er Feuer fängt. Das Feuer ist der Text. Niemand würde sagen, es war das Verdienst des Baumes, Feuer zu fangen. Er war lediglich Mittel zum Zweck. Ich warte auf den Blitz. Die Gefahr der Schriftsteller:innen ist es dann, sich nicht am Text zu verbrennen.  

Und was läuft dazu im Hintergrund?

Im Wald: nichts. In der eigentlichen Schreibphase läuft selten Musik; nur beim besagten Warten. Dann läuft vieles, aber immer wieder Ludovico Einaudi. Er zeigt, wie komplex Einfachheit sein kann. Oder wie Chesterton sagt: »Es ist leicht, schwer zu sein; es ist schwer, leicht zu sein.«

Wer liest deine Texte zuerst?

Niemand. Die Vor-Juror:innen waren die ersten Menschen, die meinen Text gelesen haben.

Was bedeutet Literatur für dich?

Freiheit und Zwang gleichermaßen. »Zwangsjackenschön« sagt Paul Celan. Zu schreiben fühlt sich gleichzeitig richtig und befreiend an; andererseits begleitet mich beim Schreiben noch stets ein Gefühl der Befremdlichkeit. Literatur, wie die Kunst generell, profiliert sich gern über ihren emanzipatorischen Charakter. Man darf dabei dennoch nicht vergessen, dass Literatur auch immer einen privilegierten Zugang voraussetzt. Wer hat nach einer Zwölfstundenschicht noch die Muße, Faust zu lesen? Wer kann dann noch den eigenen Kindern seelenruhig eine Gutenachtgeschichte vorlesen?

Wie bereitest du dich auf deinen Auftritt vor?

Ein Auge liest; das andere achtet darauf, die 15 Minuten Lesezeit nicht zu überschreiten.

Worauf freust du dich am meisten, wenn du an das Wettbewerbswochenende denkst?

Das ist meine allererste Erfahrung in der Literaturszene – und gleich so eine bedeutende. Ich habe allein aus diesem Grund schon so viel gewonnen. Ich freue mich deswegen auch sehr, die anderen Texte hören zu dürfen.

Dein aktueller Buchtipp und warum?

Edmond Jabès’ Das Buch der Fragen, weil es immer aktuell für mich bleibt. Seitdem ich es das erste Mal geöffnet habe, konnte ich es nie wieder richtig schließen. In Paris, als ich mir Zeit genommen habe, meinen Text zu schreiben, lag es stets auf meinem Nachttisch. Ich konnte es konsultieren wie eine Bibel; es half mir – um das Beispiel des Feuers erneut zu gebrauchen –, mich nicht zu verbrennen.

Schick uns ein Bild von einem Ort oder Gegenstand, der dich zuletzt zum Schreiben animiert hat.

Paris, 7 Rue L’Epée du Bois. Wir bleiben bei Edmond Jabès.

Salvatore Calanduccia, geboren und aufgewachsen in Frankfurt, in einem Haushalt, in dem es nur ein Buch gab: die Bibel. Später studierte er Philosophie, Italienisch und Deutsch auf Lehramt in Mainz. Salvatore Calanduccia wurde ausgewählt von Alexandru Bulucz.

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