Eva Tepest nahm 2020 zusammen mit Lynn Takeo Musiol am 28. open mike teil. Vor Kurzem erschien nun Eva Tepests Debüt Power Bottom im März Verlag. Wir haben Eva ein paar Fragen dazu gestellt.
Vorschautext
In sechs literarischen Essays und einem Gespräch mit Lynn Takeo Musiol untersucht Eva Tepest unser Begehren und fragt, wo die Grenze zwischen subjektiver Lust, sexueller Identität und gesellschaftlicher Norm verläuft. Von Pornhub bis zu Erika Lust, von katholischem Kink bis hin zur Frage nach queerer Scham öffnen ihre Texte ein Kaleidoskop aus intimen Betrachtungen und kritischen Auseinandersetzungen.
Eva Tepest interessiert sich dabei vor allem dafür, wie unsere Sprache, wie unsere eigenen Erzählungen von uns selbst Machtstrukturen nicht nur reproduzieren, sondern erst herstellen. So erhalten wir in einem suchenden, tastenden Text eine Idee davon, wie sexuelle Hierarchien sich im Privaten auflösen ließen: In dem titelgebenden Essay »Power Bottom« wird so deutlich, dass Selbstzuschreibungen wie »Top« und »Bottom« letztlich kein starres Gefüge für die eigene Lust bieten können. Und in »Sie ist ein Touchdown ins Herz: Eine dykedoggische Enzyklopädie« imaginieren Lynn Takeo Musiol und Eva Tepest gleich eine ganze lesbische Parallelwelt.
Was schoss dir durch den Kopf, als du dein Debüt zum ersten Mal in den Händen gehalten hast?
Das Buch kam zusammen mit einem Power Bottom-Poster in einem gelben Umschlag in einem Taxi zu mir. Zunächst dachte ich: Das ist ja kleiner als gedacht. Dann habe ich kurz geweint. Und dann habe ich eine Freundin gefacetimed.
Beschreibe dein Debüt in drei kurzen Sätzen.
Sex, besonders queerer und lesbischer, ist in Deutschland entweder hyper-visible (als Pornhub-Suchbegriff) oder unsichtbar, und Schreiben über Sex entweder verkopft oder in der Schmuddelecke. Dabei ist Sex immer schon etwas anderes als es selbst und nimmt unterschiedlichste Bedeutungen in unserem Leben ein. In Power Bottom betrachte ich von PMS-Sex bis Porn-Gifs, von den Radikalfeminist*innen der 70er bis hin zu queeren Heteros die Kultur des Sex.
Wie ist die Idee zu deinem ersten Buch entstanden?
Ich saß mit meiner Agentin Zoë Martin bei unserem allerersten Treffen bei Books & Bagels in Berlin und hab von zwei Buchideen erzählt: einem Essayband über Sex und einem Roman über eine Mutter-Kind-Beziehung. Ich glaube, Zoë hatte mehr Lust auf Ersteres. Weil sie gesagt hat »Fang doch mal mit dem Essayband an!«, hab ich mich hingesetzt und Power Bottom angefangen.
Wie nimmst du rückblickend die Zeit zwischen deiner Teilnahme am open mike und der Veröffentlichung deines Debüts wahr?
Dazwischen lagen (zu) viel Lohnarbeit und der immer dringlichere Wunsch, das mit dem Schreiben wirklich mal zu probieren. Ich bin froh, mich dafür entschieden zu haben.
Was gefällt dir am besten am Schreiben? Und was findest du am unangenehmsten?
Schreiben und Leben sind für mich nicht getrennt. Es braucht für mich immer ganz viel Unwohlsein, Hadern, Anxiety, um an einen Punkt zu kommen, an dem mir etwas gelingt, sprachlich oder anderswo. Und dann geht es wieder von vorne los. Einen anderen Modus kann ich mir nicht vorstellen.
Welche anderen Künstler*innen prägen dein Schreiben?
Ganz vorne Eileen Myles, zitiert in jedem der Essays in Power Bottom. Björk, weil sie in Podcasts wie Sonic Symbolism so klug und offenherzig über ihre kreative Arbeit spricht. Immer mal wieder auch visuelle Künstler*innen, weil es mir hilft, mir ein anderes Medium zwischen und vor dem Schreiben reinzuziehen, während des Schreibens von Power Bottom waren das z.B. Agnes Martin und Joan E Biren.
Welche Songs würde man auf dem Soundtrack zu deinem Debüt finden?
Weil ich die ganz viel beim Schreiben gehört habe:
Arthur Russell, This Is How We Walk On The Moon
Burial, Come Down To Us
Für den Rest habe ich eine Playlist gemacht:
Vielen Dank für deine Antworten.
Eva Tepest, geboren im Rheinland, ist Autor:in und Journalist:in. Mit Lynn Takeo Musiol organisiert dey die Reihe DYKE DOGS. Eva Tepest war Finalist:in des open mike und des Edit Essaypreises. Dey lebt in Berlin.