2021, mitten in der Pandemie, eröffnete Juliane Ziese ihre Buchhandlung Lyrigma in Schöneberg, wo sie schwerpunktmäßig Poesie verkauft – ein mutiges Unterfangen, ist Lyrik doch leider immer noch hoffnungslos underrated. Wir haben sie zwischen zwei Lesungsblöcken am Büchertisch zum Kurzinterview erwischt, wo sie dieses Wochenende nicht nur die open mike-Anthologie, sondern auch zahlreiche andere Bände verkauft.
Zuallererst – wie findest Du die Stimmung beim open mike dieses Jahr?
Obwohl ich mir die Lesungen leider nicht anhören kann, ist die Stimmung dieses Jahr wirklich schön. Auch toll, wie viele Menschen da sind und sich für die Texte der Autor:innen interessieren. Die Anthologien gehen weg wie warme Semmeln.
Eine Buchhandlung, in der es schwerpunktmäßig Lyrik gibt – wie kam das zustande und ist das nicht ein ziemliches Wagnis?
Ich habe vorher ein halbes Jahr in einer Buchhandlung gearbeitet und da gemerkt, dass ich das auch machen will. Angefangen hat aber eigentlich alles mit einem Lyrikspiel, das ich entwickelt habe und durch das ich in die Selbstständigkeit gekommen bin. Die Suche nach einem Raum hat zwei Jahre gedauert, 2021 habe ich dann geöffnet. Mein Gefühl in der Pandemie war, dass die Menschen große Sehnsucht nach direktem Kontakt haben. Seit einer Woche habe ich jetzt noch einen zweiten Raum, in dem ich zukünftig auch Lesungen und Workshops anbieten will.
Auf Deiner Webseite schreibst du, dass Du mehr Poesie in die Welt bringen willst. Warum?
Poesie eröffnet für mich Räume, in denen sich Gedanken frei entfalten können. Ich denke dabei allerdings nicht nur an Gedichte, sondern an ganz viele Dinge – mir geht es um einen poetischen Blick auf das Leben. Gerade in den vergangenen zwei Jahren ist um uns herum alles so eng geworden, noch dazu verbringen wir viel Zeit im Digitalen. Poesie in ihrer Offenheit ist für mich das Gegenteil davon und deshalb pflege ich einen fast schon religiösen Glauben daran, dass wir alle mehr von ihr in unseren Leben brauchen.
Zum Schluss noch eine Empfehlung von der Expertin – welcher Gedichtband hat dich zuletzt berührt?
Puh, nicht einfach. Ich mag die Texte der Dichterin und Performerin Ulrike Almut Sandig sehr gerne. Und es gibt ein ganz tolles Lyrikbuch für Kinder, Das Nilpferd steckt im Leuchtturm fest, mit Kindergedichten von zehn Autor:innen.
Wer in Juliane Zieses Buchhandlung »Lyrigma« vorbeischauen will, findet sie hier:
Buchhandlung Lyrigma
Steinmetzstraße 40
10783 Berlin