Dominik Kohls Gedichte zeichnen Momente des Stillstands und der Veränderung, in denen sowohl alles als auch nichts gleich bleibt.
Da gibt es zum einen große Verwandlungen bei Dominik Kohl – eine davon ist das Wetter, oder besser gesagt: Das Klima (»Klimaanlagen und Wetter, das wechselt«). Zum anderen begegnen uns Gleichförmigkeiten: Greta Thunberg »hält ihre Rede wieder und wieder.« Oder, in einer verblüffenden Aufzählung gegen Ende des Zyklus:
Was gleich bleibt:
Das vorgestellte Land.
Der Mittag.
Die Sonne.
Telefone, Kameras, Spiegel und Schwarzweiss.
Die Ahnung.
Die Dummheit.
Das Lachen.
In diesem Gedicht könnte »was gleich bleibt« bedeuten, was »gleich«, also ganz bald, übrig bleibt, oder was immer gleich bleiben wird, unabhängig davon, was passiert. In diesem atmosphärischen Dunst der Wiederholung, der sich nie ganz wiederholt und den Klimakollaps vorwegnimmt, finden wir in Kohls Gedichten Geborgenheit nur im Kontakt mit einer vertrauten anderen Person. Die Imagination bleibt jedoch widersprüchlich: »Vorgestellt« könnte meinen, dass die Dinge sowohl physisch vorhanden als auch völlig imaginär sind: »Auf dem Fahrrad durch den Regen / der vorgestellten Stadt in den Hügeln«. Und selbst das, was man sich vorstellt, ist nur eine Erinnerung an die Vergangenheit: »Die Zukunft ist auch nur eine Erinnerung.«
Kohls Gedichte verweisen immer auf eine bekannte oder unbekannte Vorgeschichte. Das erste Gedicht des Zyklus beginnt mit einer Ortsangabe, einer Geste, die sich im weiteren Verlauf der Gedichte wiederholt: »In gleichem Raum. / In gleichem Haus. / Sich wieder gleichen.« Irgendetwas ist hier bereits passiert, aber wir wissen nicht, was. Wir wissen nur, dass das lyrische Ich nicht ganz allein ist – dass es eine Antwort zu erwarten scheint:
Gib mir ein Zeichen,
wenn du einverstanden bist.
Sonst gibt es nichts,
das ich tun kann.
Bemerkenswert ist, dass die Gedichte keine (verbalen) Titel tragen, sondern mit Zeichen selbst gekennzeichnet sind: ein kleiner Punkt in einem Kreis. Dieses einfache Symbol scheint die Wechselwirkung zwischen Klein und Groß, Mikro und Makro zu spiegeln, die sich durch die Gedichte zieht. In einem Gedicht steckt die angesprochene Person seine oder ihre Hände in die Taschen – nur ein Gedicht später: »Jedes Gebäude ist eine Hand / und nimmt uns auf.« Das sprechende Ich erinnert die Person, zu der es spricht, daran, dass sie beide, wohin sie auch gehen mögen, Neues – und Wiederholungen – im Gegenüber finden können:
Dein goldenes Gesicht
und die Angst vor einem vorgestellten Leben
hat wieder die Form eines Zimmers, das es gibt.