Autor*innen dieser Welt – vereinigt euch!
Im Rahmen der Workshops für die Teilnehmenden des open mikes hat das Autor*innen-Kollektiv Nazis & Goldmund, vertreten durch Gerhild Steinbuch und Thomas Köck, einen Workshop zum Thema Manifeste und Kollektive bilden gegegeben. Ein Rückblick.
Zunächst werden all die Fragen und Interessen der Teilnehmenden gesammelt. Der Wissenshorizont geht weit auseinander: Manche beäugen das Konzept des Kollektivs eher kritisch, andere finden die Idee sehr spannend und wieder welche haben bereits eigene Banden und Initiativen gegründet. Einige spannende Fragen werden aufgeworfen: Ab wann führt Toleranz zu einer Haltungslosigkeit? Wie kann ein Kollektiv die sagenumwobene Filterblase aushebeln? Wie arbeitet ein schreibendes Kollektiv? Wie schreibe ich ein Manifest?
Der Workshop ist keine Schreibwerkstatt, sondern erinnert eher an ein Seminar mit einem spannenden Gesprächsangebot der Workshopleiter*innen Gerhild und Thomas. Zunächst geben sie einen Überblick über die eigene Arbeit. Sie arbeiten am Hydra-Manifest, ein fragmentarisches Text-Dokument, in dem sie sich stetig selbst unterbrechen und widersprechen. Dadurch entsteht eine Mehrsprachigkeit, die einer Eindeutigkeit viele Behauptungen gegenüberstellt. Doch muss ein Manifest immer den Finger in die Wunde legen? Gibt es auch positive Zukunftsdarstellungen in einem Manifest? Während der Konferenz Ängst is now a Weltanschauung , die Nazis & Goldmund im Sommer 2018 organisierten, wurde bereits versucht, eine positive Vision festzuhalten. Was für eine Welt wollen wir und wie kommen wir dahin?
Aber: Warum überhaupt ein Manifest? Durch dieses Genre wird ein politisches Anliegen in die Öffentlichkeit gebracht und Diskussionsräume geschaffen, so die Ansicht von Nazis und Goldmund. Als Beispiel bringen sie zwei Manifeste mit: Das INS-Manifest und »Anleitung zum Bürgerkrieg« von Tiqqun, das eine starke Globalisierungskritik enthält. Beiden Texten ist es zu eigen, dass sie in möglichst objektiver Sprache radikale Thesen aufstellen. Doch muss ein Manifest ein Regelwerk sein? Was ist der Unterschied zu einem Parteiprogramm?
»In einem Manifest können wir Ordnungen sichtbar machen und neu strukturieren,« fasst Gerhild Steinbuch zusammen. Eine gemeinsame Haltung in einem Kollektiv kann die üblichen Marketingstrategien der Verlage aushebeln, denn man tritt nicht als Einzelperson in die Öffentlichkeit, sondern wird zu einem Wir. Ein Wir, das die Mechanismen der zersplitterten Öffentlichkeit wiederholt und defragmentiert. Ein Wir, dass sich nicht nur selbst vergewissert, sondern auch hinterfragt. Können wir so die Blase platzen lassen?