Frau Hellwig ist verzweifelt: Sie führt eine freudlose Ehe und sinniert darüber, wie das alles mal anders war – damals, als ihr Mann und sie zum Beispiel noch ein Sexleben hatten. Sogar Selbstmordgedanken treiben sie um. Suizid begeht sie am Ende nicht, dafür nimmt sie ihr Leben selbst in die Hand und befreit sich aus ihrem Käfig.
Diese Form der Midlife-Crisis erzählt Olivia Meyer Montero in einer Art Stream of Consciousness aus der Perspektive der titelgebenden Figur. Das ist stellenweise etwas langatmig. Denn bis Frau Hellwig sich befreit, ja emanzipiert, dauert es eine Weile, in der kaum überraschende Gedanken formuliert werden, die mehr erzählen als eine Krise und ihre Überwindung. Sätze wie etwa
Jetzt, wo ich in der Bahn sitze, denke ich an Suizid … Mir ist einfach so furchtbar langweilig … Wenn ich Bauarbeiter sehe, wird mir die Scheide feucht
kommen in der eigenen Lektüre behäbig und platt daher. In der Lesung wiederum fungieren sie als Punchlines: Olivia Meyer Montero liest theatral, ja fast kommt man sich vor wie in einer szenischen Lesung. Und das tut dem Text wunderbar gut: mal ist Frau Hellwig wütend, denkt mit kräftiger Stimme, hat einen ironischen Tonfall oder ist genervt. Kurz, Frau Hellwig ist ein lebendiger Charakter, dem man gerne zuhört – zumindest, wenn Montero sie liest.