Aus der Textwerkstatt von Lena Rubey

leerräume.n                                                                                  

ich wickle mich in einen Kokon aus Raum. obwohl ich in dem Kokon bin, ist dieser doch gleichzeitig leer. ohne Potential für Wachstum. ohne inneren Kern, den es zu schützen gilt. der Raum streckt sich nach dir und ich mich in ihm aus. liege flach auf dem Boden. um mich Kahlwände. ich möchte mich mit ihnen zudecken. Innerlandschaften erkunden. den Blick an die Decke gerichtet. vereinzelt Spinnweben, die sich zart an der Decke festhalten. meine Gedanken halten sich an ihnen fest. ich fühle mich vereinzelt. da sich die Decke nach längerem Anstarren zu senken und der Raum zu schrumpfen scheint, stehe ich auf und gehe in den nächsten Raum. auch in diesem fehlt einiges. auch dieser leer geräumt. aber dieses Leer ist zumindest für einige Momente neu. so fülle ich es. fülle es an mit mir und Bildern von Möbel und Gegenständen, die hier von dir gestanden.

 

du hast mir Worte versprochen. gesprochen von schimmerndem Hellblau doch ohne Klischee. ich stand da und wartete. dass du kommst. ob du kommst. bis du kommst. oder zumindest das Hellblau. aus den Augenwinkeln traten schon Schaulustige, denn mir rann das Lachen die Wangen herab. auf meine Schuhspitzen. blickend, wünschte ich dir eine lange Nase.
als ich schon dachte, du würdest nicht. bist du gekommen. und mit dir die plötzliche Einsicht : keine Aussicht. ohne Rücksicht. auf Verluste glaubten wir uns vorbereitet.
wir setzten uns in Bewegung. ich wartete ab und ordnete die Sekunden den Schritten zu. deine Worte prasselten vor uns auf den Kiesweg, knirschten beim Darauftreten. und verstummten, sobald wir über sie hinweg gegangen waren.
das Echo für uns blieb aus.
du sprachst von einem Holzofen für den Winter, von den Nachbarn, von Festen an letzten lauen Tagen. ich hörte : du meintest es ehrlich. doch das Gefühl, so plötzlich entbehrlich. wir unterbrachen für eine Parkbanklänge. indes : auch die Worte rasteten für eine Weile. gemeinsames Innehalten. die Distanz zwischen uns gemessen in Zigarettenlängen. was für einen Anblick wir wohl für die Krähen in den Ästen über uns ergaben. schon lange hatten sie aufgehört zu krähen.

 

ich bahne mir einen Weg durch die Masse an Raum, der leer ist, seit du deine letzten Dinge geholt hast. und nach den letzten gab es keine weiteren, keine vergessenen. diese Räume, die ich vor dir schon alleine ausgefüllt und angefüllt hatte, erscheinen mir nun halbleer. nur zur Hälfte gefüllt. nun heißt es : Füllmengen neu bemessen.
Schmalspuren zwischen gemeinsam Verlebtem und alten Schuhen, verwaisten Vasen, Büchern und Teppichen. Dinge, die wir beide nicht behalten wollten. Dinge, die weder dir noch mir gehörten. und Dinge, die uns noch zu sehr gefangen hielten um sie zu behalten. Schmalspuren zwischen Erinnern und Ziehen lassen.

 

ich streife weiter an den Wänden entlang und fürchte nichts mehr, als noch eine alte Socke von dir unter dem Regal zu finden. kann es doch nicht lassen, nach ihr zu suchen. ich fühle mich wie ein Einbrecher in meinen eigenen vier Wänden. als ich mit der Hand die Sofazwischenräume abtaste.

 

nachdem die Krähen aufgehört hatten zu rufen, nachdem du deine Worte gesprochen, standen wir auf und verließen die Vögel. das Knarzen und Knirschen der Kieselsteine nun noch lauter als auf dem Hinweg. du hast noch einige Male zu einem Weißt du… angesetzt. doch den Rest schienst du jedesmal wieder vergessen zu haben. ich sagte pssst. und insgeheim wünschte ich mir noch ein letztes Lachen. und wirklich, die alte Greißlerin am Eck zählte wieder ihre Tomaten, als wir vorbeikamen. …siebenundfünfzig, achtundfünfzig…
ein Guten Abend, Frau Siblowski in ihre und ein Lachen in meine Richtung.

…achtundfünfzig…achtundfünfzig… jaja, Guten Abend, ihr Schönen, Guten Abend.
…achtundfünfzig, neunundfünfzig… raunte es uns hinterher.

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