Die „Sternkinder“ sind nach Planeten bekannt. Tatjana von der Beeks Text ist die Geschichte einer Familie, erzählt aus der Ich-Perspektive Maias, der kleinsten, obwohl ihr Name eigentlich „die Große“ bedeutet. Im sich abwechselnden Präsens und Präteritum schildert das Ich die Rituale des Familienfests und die Erinnerungen des kollektiven Familiengedächtnisses.
Am Vorabend eines Festes – vielleicht ist es Weihnachten, sicher ist das aber nicht – sind alle Familienmitglieder mit den Vorbereitungen beschäftigt. Die Abläufe sind ritualisiert: die Cremetorte wird gebacken, der Kaffee wird gekocht, die Haare werden zum Dutt hochgesteckt. Vom Ritus des Festes zeugen die Wort- und Satzwiederholungen, aber auch das Temporaladverb „immer“, das den Text durchzieht. Doch nicht nur die Tätigkeiten, auch die Geschichten, die während der Feier erzählt werden, gleichen sich Jahr für Jahr: Großvaters Erlebnisse aus seiner Zeit in Amerika, die Familienkneipe mit dem Namen „Dreigestirn“ und die Zwillinge, die Astronauten geworden sind.
[N]ach dem Lob für die Torten erzählten die Zwillinge, dass sie Astronauten werden würden, und zum Abschied drückten alle die Hände der Zwillinge und sagten, dass sie das freut. Als ich sie zum letzten Mal sah, war ihre Haut wächsern und hell, die Lippen lagen regungslos, ihr Schweigen auf den Badezimmerfliesen blendete mich, dann wurde es dunkel.
Die kosmologische Symbolik, die Teil des Familienmythos ist, durchzieht konsequent die Motive der Geschichte von Tatjana von der Beek: Weihnachtsstern, Stars and Stripes und der Tod. „Sternkinder“ ist im Gegensatz zum bisher Gehörten melancholisch und ernst, aber sprachlich und strukturell voller Zauber.
Ein Gedanke zu “Tatjana von der Beek: „Sternkinder“”