Eckhard G. Waldstein: »Wunschfee-à-la-Hashtagwunder im Unfassbar-Reich & brrr – es zittert mich, sprach Zarathustra« (Leim auf Wand, in 15 Min.)

„Meine Verantwortung ist, das, was ich schreibe, mit mir, meiner Zeit und meiner Welt vereinbaren zu können – und eben nicht mit der Vergangenheit.“ – Eckhard G. Waldsteins Antwort auf die Frage, was für ihn literarische Tradition bedeutet.

Bereits hier wird klar: Der Autor zielt auf Gegenwart, mit geladener Pistole, und seine Salven treffen. „Die Leute / fragen, warum / man so negativ schreibt – und ich möchte ihnen meine Lyrik / nur in die Fresse spucken als klebrigen Eiter! Na, weil halt… (#neo-égalité)“.

Das lyrische Ich ist wütend, getrieben, und spricht seine Welt an. Seine Freunde, seine Eltern, die Medien, die Konflikte, das kleine und das Große, also: alles. Die Form ist dabei recht klassisch, mit Prolog, zehn Strophen (?) und einem Epilog. Die Sprache ist es nicht, sie versucht die digitalen Kommunikationsweisen in Lyrik zu gießen und der Versuch ist auf jeden Fall lobenswert.

Dienstagnacht: die Chancenungleichheit pocht mir in den Adern, dass
ich den Fernseher anschalte, stoned von der Lethargie
einer Karriere von unbezahlten Praktika. und ich sehe
Moderatoren, glattgebügelt wie die Krawatten der Lobbybonzen
denen sie abgekartete Fragen in den Nebel ihrer Modellwelten stellen, während
mir die Lider Klarsicht verweigern. mein Leben ist so
nachts-um-drei-70er-Jahre-Tierdokus-schauen, so
jeden-Tag-um-Motivation-kämpfen, so
youtube-als-Suizid-Prävention-loben. fuck.

Sprachkritik im weitesten Sinne ist das, wenn geschickt durch das Enjambement das „so“ vom Rest getrennt wird und die Floskel „Ich so…“ dadurch aufgebrochen wird.

Medienkritik. Generationenkritik. Selbstkritik. Überladen ist das aber auch gut, weil Waldstein das so ruhig, gelassen und unprätentiös vorträgt, dass dieses Stakkato nicht wie ein Stakkato wirkt, sondern eher wie zäher Sirup, der uns in die analogen Ohren fließt.

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