P(r)op-Prosa, ein atemloses Meschmasch aus Menschen und Dingen. Frank, vielleicht Gymnasiast, hat ein Verhältnis mit Sonja, vielleicht einer Maklerin. Sie hält ihn hin, hat dann aber doch immer wieder Sex mit ihm, in verschiedenen Häusern und Wohnungen, so scheint’s, mal leer, mal proppevoll.
“‘Die meinen das ironisch. Oder …?’, fragte Frank, als sie ins größte Zimmer kamen, zu den Postern: ein pinker Yoshi aus der Bravo Screenfun, das gelbe Plüschtier aus der Levis’-Werbung, der Spielplan von ‘Das Fest’ in Karlsruhe, ein Kinoplakat zu ‘The Faculty’, ein großes Sepia-Porträt von diesem toten Reggae- Mann mit seinen Z.pfen, im Mund eine rauchende Tüte Shit, daneben David Beckham mit blondiertem Haar und einem offenen, schwarzen Hemd und gegenüber, an den Türen, zwischen zwei Wandkalendern voller Pandas, Bambus, Geishas im China-Morgenmantel, wie sie von Weihnachten bis Neujahr im Schanghai an alle Gäste verteilt werden, ein dunkelblaues, kleineres Plakat aus der Druck-AG der Schule, ‘Great Expectations! Friday, December 18th, 7.30 p. m.’”
Wie hineingekippt und einmal umgerührt wirken die Dinge und Textsorten in diesem Romanauszug: Franks schülerhafte Tagebuchauszüge, die vielfältigen Distinktionsmarker (Ridgebacks und Pools und Swingboard-Urlaube), Rückblenden, Dialoge, Listen… Mit einem Cliffhanger endet der Auszug: “‘Wir müssen reden, Pisser!’, schreit Frank und tritt einen Blumentopf ins Becken. Er kommt auf Timo zu. Hält Sonjas Spaten fest wie einen Prügel.”
Lektorin Birgit Schmitz versteht den Text “voll toll” (so Stefan Mesch). Ein Auszug:
“Hier beschreibt jemand Oberflächen, Einrichtungen, Bilder, Namedropping und alles ist auf Distionktionsgewinn ausgerichtet. Schon auf der ersten Seite sagt jemand: ‘Die meinen das ironisch.’ Durchaus ein Prinzip wie wir es aus der Popliteratur kennen. Doch etwas ist an diesem Text auch anders. Weder geht es um eine vehement eingeforderte Gegenwärtigkeit, noch ist der Text ironisch. Und dann ist da diese Frage: Ist dein Leben besser als du? Fehlt da etwas? Ist dein Leben besser, als du es dir gewünscht hast? Nein, das steht da nicht. Und würde auch wenig Sinn ergeben. Ist dein Leben besser, als du es verdienst hast? Trotz der Oberflächen, trotz des Distionktionsdiskurses will hier der Text etwas. Er ist nicht einverstanden mit etwas. Und das hat mich schon im ersten Lesen überzeugt. Und dann ist da die Sache mit dem Sex. Der Sex ist wahrscheinlich doch ironisch.”
6 Gedanken zu “Stefan Mesch „Zimmer voller Freunde“”