Noch 3 Tage – wird es GROSS…?

von Stefan Mesch, Open-Mike-Blogger und Finalist/Autor

(Auf dem Open Mike lesen und drüber bloggen? Darf der das…?)

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Als „embedded Blogger“ und Journalist begleite ich den 20. Open Mike in kurzen, persönlichen Blog-Snapshots.

Ich bin am Samstag / Sonntag zum ersten Mal beim Wettbewerb.

Hildesheimfreund, Ex-„BELLA triste“-Herausgeber und Open-Mike-Blogger Victor Kümel hat schon mehrere Open Mikes besucht.

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Stefan: Wir werden – das ganze Wochenende über, in einem Vierer-Team – über die Lesungen bloggen. Du klingst sehr… euphorisiert.

Victor: Ich fands einfach spannend, was gerade beim Open Mike passiert. Dieser Wettbewerb ist einer der wichtigen Knotenpunkte der jungen Literatur. Da kann man was draus machen, wenn das online geht (…das klingt fast so wie: „an die Börse geht“).

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Stefan: Zum Klagenfurter Bachmannpreis gibt es Livestreams und Autorenportraits – doch zum Open Mike nicht mal Video-Trailer auf Youtube: Das Plakat ist schön. Und jedes Jahr gibt’s große Artikel. Aber so medial / viral… nichts.

Victor: Vermutlich hat man da bisher keine Notwendigkeit gesehen. Man kann das ja auch als mehr oder weniger halböffentliches „Betriebsevent“ fahren. Aber ich glaube, da passiert gerade einiges.

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Stefan: Nein. Sie lassen 23 Autorinnen und Autoren anreisen. Buchen eine Jury (Link), planen eine Lesereise (Link) für die Gewinner, Schreibworkshops (Link) in mehreren Städten, geben die Texte als Buch raus (Link) und machen Pressearbeit…

Wäre das (einzige) Ziel des Open Mike, jedes Jahr drei tolle Texte zu finden, drei junge Autorinnen / Autoren auszusieben… bräuchte man keine eigene Anthologie. Keine öffentliche Jury. Keine Lesungen. Als Leser / Literaturkritiker dachte ich bisher ziemlich pragmatisch: „Prima. Die Literaturwerkstatt Berlin bringt jedes Jahr drei, vier neue Namen ins Gespräch. (Link) Und ein, zwei Jahre später kommen oft die ersten Romane (Link).“

Mir kam das vor wie ein Auswählen / Sieben / Sortieren. Doch würde es NUR darum gehen, um die Gewinner, könnte man das aufwendige Programm einstampfen, oder? Ich habe das Gefühl, der Open Mike leistet / will mehr.

Victor: Ja komisch – jetzt, wo du es sagst. Ich habe den Open Mike eigentlich immer eher so verstanden: Eben als Wettbewerb, als mehr oder weniger formaler Vorgang, der da abgewickelt wird. Und die vielen Besucher waren eigentlich gar nicht vorgesehen, das ist irgendwann so eingerissen, dass das als Betriebsausflugsziel wahrgenommen wird. Es gibt ja zum Beispiel keine Party dort, keine lockeres Abend- oder Rahmenprogramm. Und tatsächlich öffentlich ist es ja auch nicht, die Jury zieht sich zurück und braucht zu lange und alle stehen draußen und rauchen und warten auf die Verkündung. Um es eben als Erster mitzukriegen, um live dabei zu sein, diesen ganzen Prozess mitzukriegen und mitzuspekulieren, wer das Rennen macht…

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Stefan: Würdest du als normaler Besucher kommen? Macht das Spaß / Sinn für dich – 15-Minuten-Texte, ein Wochenende lang? So als Format / Event?

Victor: Ich weiß nicht, ich glaube „normale Besucher“ gibts da gar nicht so richtig. Ich sehe den Open Mike auch nicht wirklich als Lesungsformat, das in dem Sinne für das Publikum gemacht ist. Im Grunde ist das ein recht unbehauener, überfordernder Materialhaufen, da geht man eher als Bergsteiger hin, als Marathonläufer, Pilger vielleicht. Mir macht so was Spaß, ich glaube das liegt zu einem guten Teil auch an der Reisegruppe, mit der man da unterwegs ist.

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Stefan: Was sind deine „Reisegruppen“-Erfahrungen? Sitzt man mit zwei, drei Freunden im Publikum und schimpft, lacht, gähnt, feiert die Lesenden? Steht man in großen Gruppen an der Bar, lernt fünf Dutzend neue Leute kennen? Oder gibt es sogar dieses „Wir sind Betrieb, und heute sind wir ALLE hier!“-Gefühl wie beim Bachmannpreis…?

Victor: Ja, genau so, das alles. Dieses ganze Drumherum gehört schon absolut dazu, finde ich. Ich weiß nicht, ob es ohne das für mich funktionieren würde – vielleicht wieder, wenn ich sonst mit all dem überhaupt gar nichts zu tun hätte. Dann könnte ich mich da zwei Tage reinsetzen und sagen: „Aha, das ist also diese junge Literatur, das ist ja unheimlich spannend, was die jungen Menschen heute so machen.“

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Stefan: Die meisten DIESER (Link) Journalisten scheinen beim Open Mike etwas zu vermissen: Die üblichen „politischen“, „wichtigen“ Aufrüttel-Themen… aber auch… bestimmte Auftritte / Skandalisierungen auf der Bühne? Eine (dringlichere?) Atmosphäre?

Victor: Na ja, was man als Journalist halt so vermisst. Was die Alten den Jungen halt so vorwerfen. Da gibt man sich als besonders aufmerksamer und kritischer Gegenwartsbeobachter, dabei ist das eine konstante Reibung, die doch ziemlich wenig über sich selbst hinausweist, oder? Mich ärgert dieser Gestus immer, sich da mit seinem kleinen persönlichen Einkaufszettel reinzusetzen und sich aufzuregen, was wieder nicht dabei war. Statt wirken zu lassen: Was ist da? Was passiert da?

Würdest du das denn begrüßen, wenn beim Open Mike die Lese-Performance mehr im Vordergrund stehen würde, mehr Autoren das machen würden? Machst du was in diese Richtung oder hast du darüber nachgedacht?

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Stefan: Wo, wenn nicht hier? Klagenfurt ist zu gesetzt – und der Open Mike WILL jung sein und neue Formen / Formate auszeichnen, oder? Was wird denn prämiert von der Jury, zum Schluss: Der reine Text? Oder das Gesamtpaket Autor, Vortrag, Material? Ich bin kein sehr performativer Autor, und oft so trottelig, dass schon mein Laptop abstürzt, oder ich den Beamer nicht angeschlossen kriege. Aber als Zuschauer / Lektor fände ich es interessant, wenn der Aspekt „Performanz“ gewichtet wird, ja:

Wenn ich Leuten erklären soll, von welcher Stimmung, welcher Generation und welchen Milieus mein Roman handelt, habe ich oft Angst, dass es abstrakt klingt oder zu alltäglich / banal – also habe ich angefangen, auf zimmervollerfreunde.tumblr.com Fotos für eine Art „visuelles Exposé“ zu sammeln. Das kucken Leute sehr gerne durch (VIEL lieber, als sie eine Inhaltsangabe lesen!), und sie verstehen sehr schnell, woran ich arbeite.

Ein Ipad o.ä. auf die Bühne zu bringen und solche Fotos ablaufen zu lassen, begleitend zum Text, ist kein großer Aufwand. Oder – bei späteren Lesungen – Film- und Seriendialoge zu sampeln, in denen im Roman die Rede ist.

Beim Open Mike auf die Bühne zu kommen – mit so einer… Dia-Show – würde, glaube ich, Leute eher irritieren: „Wem will er was beweisen?“, „Oha – ein iPad. Ohne geht’s heutzutage gar nicht mehr?“, „Hat er SO wenig Vertrauen in seine Sprache, dass er uns parallel dazu mit Bildern zuballern muss…?“ usw. usw.

Halt NOCH eine Angriffsfläche.

Victor: Ich fänd das ziemlich großartig, wenn du die „Zimmer“bilder zum Text durchlaufen lassen würdest. Mir würde das gefallen.

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Mehr Infos zu den Lesungen: Link

Mehr Infos zur Geschichte und Programmatik: Link

Artikel / Presse: Link

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