Die digitale Eröffnungsrede ist durch, 19 aus 600 möglichen Kandidat*innen wurden ausgewählt, Jury und Lektor*innen von Sina Ahlers vorgestellt. Endlich: Thea Mengeler macht mit ihrem Text connect den Anfang und eröffnet den Wettbewerb des 28. open mike.
Eine kleine Gruppe jüngerer Menschen auf einem Flughafenfeld, irgendwo in der Einöde. Sie haben sich hier zu einem Wochenend-Workshop eingefunden. Aber auch, um zu einer Gruppe Zugang zu bekommen oder zumindest mehr über sie zu erfahren: connect. Die geheimnisvolle Gruppe sucht nach neuen Wegen der Verbindung zwischen Menschen, so erzählt es Cloe, die die Besucher*innen über das Gelände führt. Als praktische Übung sollen sich die Besucher*innen dann zu zweit unterhalten und mit der anderen Person ein tief persönliches Geheimnis teilen. Ava und Marie bilden ein Paar und nähern sich schüchtern an.
Marie heißt sie, und Ava könnte sie sich gut auf einem Renaissancegemälde vorstellen mit ihren weichen Zügen, auf denen der ständige Schatten eines Leidens zu liegen scheint. Maries Schultern entspannen sich etwas, nachdem sie sich gesetzt haben.
»Entschuldige, ich komme dir bestimmt seltsam vor.«
Ava weiß nicht, was sie dazu sagen soll. Ja, sie kommt ihr seltsam vor, aber das zu sagen, wäre wohl etwas hart. »Ist ja auch nicht gerade eine normale Situation«, sagt sie stattdessen.
connect ist geprägt von einer leisen, unaufdringlichen Sprache, die die zurückhaltenden Protagonist*innen ins Bild rückt. Ava steht im Mittelpunkt, Marie rückt hinzu. Minutiös schildert der Text zunächst den Weg hin zum Hangar, bei dem der Workshop stattfindet, um dann die Annäherung der beiden jungen Frauen in den Fokus zu nehmen. Der Text versteht es, eine hintergründige Spannung zu erzeugen, ein Rätsel zu umreißen, ohne dies zu sehr zu umzingeln. Gleichzeitig wird das Thema der zwischenmenschlichen Kommunikation gut eingeführt, auch wenn hier noch keine wirkliche Auseinandersetzung stattfindet.
connect strahlt eine große Sicherheit aus. Die kleinen Dialoge sitzen, die Sprache passt, es sind keine unnötigen Bilder oder unpassende Adjektive weit und breit. Die auktoriale Perspektive wird gut genutzt. Diesen Eindruck unterstreicht auch die sichere wie unprätentiöse Lesung der Autorin. Allein die Tatsache, dass der Text ein Romanauszug ist, bietet Anlass zu Kritik. Denn der Text verweist inhaltlich vor allem auf ein größeres Ganzes, erzählt für sich selbst gesehen noch nicht wirklich viel, macht keinen Bogen, hat kein wirkliches Ende. Er konzentriert sich auf die Beschreibung von Setting und Hauptpersonen und schneidet das Thema Kommunikation an. Aber das auf sehr gute Weise.