Mariusz Hoffmann: „Dorfköter“

Bald ist alles vorbei: Dies gilt nicht nur für den 25. open mike, der mit Mariusz Hoffmann in die letzte Lesung geht. Auch in Dorfköter, Hoffmanns Text, schwelt ein Abschied am Horizont.

In dieser Woche hielten ungewöhnlich viele Autos in Zalesie. Genau genommen waren es drei. Ich muss zugeben, das klingt nicht viel, und es ist auch nicht so, als wären da nie welche durchgefahren. Es rollten eine Menge Autos durch unser Dorf – aber die wenigsten hielten an. Und wenn, dann waren es immer nur Schrottkarren aus den umliegenden Käffern.

Zalesie, tiefste polnische Provinz, eine gottverlassene Gegend, irgendwo bei Deutschland und Tschechien, irgendwo im Nichts. Dieses kleine Dorf, dieses verdammte Kaff, das in so vielen von uns die Jugend prägte, auch in mir. Hoffmann geht mit seinem Ich-Erzähler zurück an diesen Ort, um eine kleine Geschichte aus dessen Jugend zu erzählen, dem Vorabend seines Abschieds. Denn er wird Zalesie verlassen, um mit seinen Eltern nach Deutschland zu gehen. Es bleibt ihm nur wenig Zeit mit seinem Freund Andrzej.

Und diese wenige Zeit gilt es zu nutzen! In einem Streifzug durch die Welt des kleinen Dorfs versuchen die beiden „Dorfköter“, wie der Ich-Erzähler sie nennt, noch einmal alles mitzunehmen. Sie besuchen Agnieszka, den Schwarm des Erzählers, steigen in die alte Schnapsfabrik am PGR-Gelände ein, wo sie für den letzten Abend schon Johannisbeeren angesetzt haben. So verwandelt sich der zunächst unschuldige, schelmenhafte Streifzug in einen trunkenen Exzess, der in Erbrochenem und einer blutigen Nase enden soll.

Das stakkatohaft wiederholte „Nie wieder“ der beiden Jungen überdeckt dabei die allem zugrunde liegende Traurigkeit des Abschieds. Für mich trägt der Text dabei ein wenig zu viel postsozialistische Nostalgie auf, was nicht besser dadurch wird, dass ich diese Art der Erinnerungen gefühlt schon sehr oft gelesen habe. Die postsozialistische Welt, die hier en passant zum Leben erweckt wird, erscheint bekannt, die aus dem Ruder laufende Schelmengeschichte irgendwie auch. Sprachlich zeigt der Text mit stimmigen Bildern und sicherem Rhythmus aber durchaus Potenzial.

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