Der erste Autor des zweiten Leseblocks, den Lektor Martin Kordic anmoderiert, schreibt neben Prosa auch dramatische Texte. Seine Erzählung hat Kordic „von der ersten Zeile an gefangen genommen“.
Ein Ich-Erzähler liegt im Krankenhaus, an Schläuchen, wir sind auf den ersten Zeilen so verloren wie er: Wie ist er dorthin gekommen, was ist mit ihm los? Unvermittelt sitzt er als „Gespenst“ am Geburtstagstisch, ohne Wimpern, ohne Haare: Chemotherapie, das wissen wir jetzt, konterkariert mit Leidenschaft, dem Verlangen nach körperlicher Liebe, doch auch auf dem nackten Körper erinnert noch das Pflaster an die Krankheit. Die geübt vorgetragene Rollenprosa Stefan Hornbachs lotet das Denken und Fühlen einer Person aus, die sich an das Leben klammert. Geschickt setzt er Wimpern, Locken, romantisch eigentlich, zur Illustration des langsamen Weniger-werdens ein.
Sein Fenster zur Außenwelt, das sind Fotos, aus Digitalkameras, bei Facebook hochgeladen, aus Schottland, Indien, Paris, Jerusalem, dem Allgäu, allesamt Fluchtpunkte, die in unerreichbarer Ferne liegen. Am Schluss steht ein letztes Bild: Nackt, in der Dusche, mit kahlrasiertem Kopf. Der Erzähler steht währenddessen mit Zwiebelgeruch an den Händen in der Küche, hat die Krankheit überstanden, fragt sich, ob er schlauer oder reifer geworden ist. Das bleibt offen, wie auch jenes unbestimmte Du, an das er sich immer wieder gewendet hat, und das nie ganz klar in seiner Beziehung zum Erzähler hervortritt (Elena sieht das anders, für sie war die Beziehung klar).
Trostlosigkeit, Rückzug und Einsamkeit bestimmen das Bild, das Stefan Hornbach nach seiner Lesung hinterlässt. Auch das Publikum scheint für einen Moment gefangennommen, der Applaus ist dafür umso größer.